Der Storch bringt bis heute die Kinder. Diese Binsenweisheit weiß wirklich jedes Kind!
Warum ausgerechnet der Storch? Aber wir wurden ja im Laufe der Jahre schnell aufgeklärt. Das ist nur ein Ammenmärchen. Papa und Mama machen die Kinder, erfuhren wir schnell, wobei Papa macht und die Mama? Sie trägt das, was der Papa gemacht hat, aus. Und weil die Papas alle die großen Macher waren, bekamen sie für ihre große Leistung Geld. Geld und Anerkennung. Sie waren die Helden aller Kriege, sie waren die Chefs. Geschichte existierte nur um den Mythos Mann herum, der glorreich von einer Schlacht zur nächsten eilte. Und natürlich war auch Gott ein Mann, ein Vater. Wie hätte auch eine Mama, die sich ununterbrochen um den Papa drehte, selbst wenn er nicht alltagsexistent war, etwas selbst machen sollen, sozusagen aus sich selbst heraus? In fast allen Märchen wird uns schließlich erzählt, dass die Prinzessin auf den Prinzen wartet, den Märchenprinzen, der sie erlöst. Wovon? Von der bösen Stiefmutter. Weil in einem Märchen sind fast alle richtigen Mütter abhandengekommen. Rot wie Blut – Weiß wie Schnee – Schwarz wie Ebenholz, diese Farben finden wir nicht nur im Märchen, sondern auch beim Storch. Rätsel gelöst!
Es war einmal eine Zeit, wo die wirklichen Mütter existierten, die Mütter, die die Macherinnen waren, die Wilden Mütter, die sich ihrer Seinsmacht bewusst waren, denn Macht ist ein fast vergessenes Wort für Scheide. Muschelmacht. Ewig währte die Zeit der Wilden Mütter, die aus sich selbst heraus etwas machten und natürlich treffen wir sie auch heute noch, die Wilden Mütter, fast begraben unter dem Kriegsschutt der patriarchalen Gehirnwäsche. Aber sie leben noch, die Wilden Drachenmütter. Und ihr Wissen ist uralt. Es steigt aus den Höhlen der Erdbauchmutter empor. Es flüstert in den Wassern der Quellen. Es knistert in den Flammen des Feuers. Und es fliegt wie der Sturm mit dem großen Wagen der Bärenmutter am Sternenhimmel entlang. Es zeigt sich morgens, wenn Frau Sonne rot aus der Erdbauchhöhle hinaufsteigt, den Tag mit ihrem Weißen Licht erhellt und abends im Westen rotglühend in die Schwärze der Erdbauchhöhle zurücksinkt. Und es zeigt sich auch des Nachts, wenn Frau Mond uns jeden Monat die zyklische Geschichte der göttlichen Mutter, die Geschichte von Gott der MUTTER an den Himmel malt. Erinnern wir uns wieder an das Bauchhöhlenwissen unserer Ahninnen?
Es war einmal eine Zeit, da standen die Mütter im Zentrum der Gemeinschaft und das Göttliche war mütterlich. Damit die Menschen nach dem Tod durch das Magische Wirken der Großen Tod-in-Lebenwandlerin, nabelgenährt und durch die Muschelvulva einer Menschenmutter wiedergeboren werden konnten, legte man sie in Richtung Osten in Höhlen, bestäubt mit rotem Ocker und geschmückt mit Muscheln als Tor zur Welt. Dieses Naturwissen war ihre Religion, ihre Anbindung an das Leben, denn religare heißt, anbinden, losbinden und zurückbinden. Dahinter stand das Alltagswissen: der Mensch kommt angebunden an der Nabelschnur der Mutter zur Welt. Um leben zu können, muss der Mensch von der Nabelschnur losgebunden werden. Um in der mütterlichen Ahninnenreihe wiedergeboren werden zu können, musste eine Rückbindung stattfinden. Das Tor dazu war die Muschel, die Vulvamuschel der Frau.
Auch heute noch wird der größte Teil Europas durchzogen vom Muschelweg. Zu Recht ist der Muschelweg der erste europäische Kulturweg. Und der Muschelweg erzählt die Geschichte der Frauen, die Geschichte der Mütter aus der ewigen Zeit. Der Jacob, der scheinbar darüberliegt, ist in Wahrheit nur ein Fake! Wie übrigens sämtliche Theologien der heutigen Zeit, die alle den Mann ins Zentrum des Lebens stellen und sich Weltreligionen nennen, obwohl doch kein Mann über die für Religion notwendige lebensspendende Nabelschnur und die Vulvamuschel der Mutter verfügt.
Heute durchblicken wir wieder die Gehirnwäsche des Patriarchats. Wir haben uns unsere Kulturgeschichte zurückgeholt. Wir können wieder Theologie und Religion unterscheiden. Wir wissen, dass die Frau von Natur aus die Aktive ist, werden doch die Mitochondrien, die Kraftwerke jeder Zelle nur matrilinear, über die Mutterlinie vererbt. Wir wissen, dass der Vater nicht im Zentrum des Lebens steht. Wir wissen, dass es den Märchenprinzen nicht gibt und wir ihn auch nicht brauchen, wenn wir wieder lernen von einer matrifokalen Sippe aus zu denken. Wir wissen, dass die Wilden Frauen im matrifokalen Kollektiv immer ökonomisch unabhängig waren. Aber wir wissen auch, dass diese Ökonomie nie im Widerspruch zu ihrer Mütterlichkeit stand, anders als heute, wo Mütter sich in ein von isolierten Männerräumen konzipiertes, ökonomisches System einzwängen lassen sollen, das in der gegenwärtigen Form mit jeder Mütterlichkeit kollidiert. Wir wissen heute, dass es nicht einer Vater-Mutter-Kind-Kleinfamilie bedarf, um stabil-bindende und verlässliche Lebensverhältnisse für die nächste Generation zu garantieren, sondern dass es eines stabilen Großmutter-Mutter-Schwestern-Brüder-Onkel-Clans bedarf, in den vätertaugliche Väter integriert werden können, mit der Betonung auf vätertauglich. Das ist die Basis. Ergänzt werden kann diese matrifokale Lebensbasis durch außerfamiliäre Betreuung. Ergänzt, aber eben nicht ersetzt. Wir wissen wieder. Und das ist schlecht für das Patriarchat, aber es ist gut für das Leben.