Vorne weg: Männliche Darstellungen im Paläolithikum werden bei herstory-history nicht unterschlagen, sondern tatsächlich gibt es kaum welche.
Die am besten erhaltene der raren Männerdarstellungen im Paläolithikum ist aus Laussel in der Dordogne (Frankreich). Laussel ist der Fundort der berühmten Gott Mutter Darstellung von Laussel mit dem Mondhorn, (Datierung: Gravettien, 25.000 – 20.000 v. u. Z.). Eine weitere männliche Darstellung aus dem Gravettien finden wir ebenfalls an einem der berühmten Fundorte von Gott MUTTER Darstellungen, nämlich in der Höhle von Brassempouy in Aquitanien, ebenfalls in Frankreich.
Die natürliche integrative Ordnung der Mutter
Die Wiederfreilegung der vom Patriarchat mit Gewalt unterschlagenen Matrifokalen Geschichte der Menschheit macht sichtbar, dass die Menschen im Paläolithikum ihr Bild des Universums aus der Beobachtung der Natur bezogen. Diese Beobachtung beinhaltete ein Erleben der Natürlichen Integrativen Ordnung der MUTTER, (siehe Armbruster, Kirsten: Matrifokalität, 2014). Der Mann ist Teil dieser Integrativen Mütterlichen Ordnung, er ist aber nicht ihr Zentrum, da nur das weibliche Geschlecht über die einmalige Fähigkeit verfügt, neues Leben in der Bauch-Höhle heranwachsen zu lassen und durch die Vulva zu gebären. Nur mit diesem Verständnis wird klar, worum es bei den Höhlenmalereien und den zahlreichen Gott MUTTER Figurinen im Paläolithikum geht, und warum es kaum männliche Darstellungen aus dieser Zeit gibt und schon gar kein vom Leben abgetrennter Phalluskult besteht, dem patriarchale Archäologen verzweifelt nachjagen.
Die Integration des Mannes in der Matrifokalen Sozialen und Religiösen Anbindungs- Losbindungs- und Rückbindungsordnung von Gott MUTTER wird hingegen deutlich in der Darstellung des getöteten oder verwundeten Menschen in der Höhle Pech Merle in Lot über den das T- Wiedergeburtssymbol deutlich sichtbar gemalt ist.
Die Darstellung – nicht zufällig in der Farbe Rot – ist nicht weiblich und nicht männlich. Sie zeigt einfach die Tatsache, dass menschliches Leben von der Mutter geboren und auch nur von ihr wiedergeboren werden kann. Ein männlicher Schöpfer, wie in viel späteren patriarchalen Zeiten, existiert nicht im Bewusstsein der Menschen, denn Leben wird geboren nicht geschöpft oder er-schaffen, denn er schafft das nicht.
Auch die berühmte Brunnenszene in dem Mutterhöhlenheiligtum von Lascaux mit dem Vogelkopf und dem erigierten Penis des Mannes, der Nashorn-Mutter und dem Mutterfarben-Storch kann in diesem Sinne interpretiert werden.
Zwei weitere männliche Darstellungen, bereits aus dem Magdalénien, ebenfalls mit einem erigierten Penis und beide aus dem Gebiet der Pyrenäen, können auch in dieses Verständnis der Natürlichen Integrativen Ordnung der Mutter eingeordnet werden. Einmal die Männliche Ritzzeichnung auf einer Plakette aus dem Mutterhöhlenheiligtum von Mas d´Azil aus der Ariège in Frankreich und ebenfalls Fundort einer berühmten Gott-Mutter-Figurine. Der Mann am Fundort Mas d´Azil wird in Verbindung mit einer Bärenpfote abgebildet, was darauf hindeuten könnte, dass er durch einen Bären getötet wurde und nun durch Gott MUTTER wiedergeboren werden soll. Es könnte aber auch sein, dass die Bärenpfote direkt in Verbindung mit der Ge-Bär-Kraft der Bärenmutter steht, da die Bärenmutter sich zum Winterschlaf in die Erdmutterhöhle zurückzieht, um im Frühling die Höhle wieder zu verlassen, also neu geboren zu werden. Die Bärenmutter steht deshalb ja in besonders engem Verständnis der Wiedergeburtsreligion von Gott MUTTER.
Eine ähnliche Zeichnung eines Mannes mit erigiertem Penis findet sich auf einer Plakette im Mutterhöhlenheiligtum Isturiz-Oxocelcaya im französischen Baskenland mit der berühmten Steinmutter und den Wiedergeburts-Durchschlupf-Darstellungen von Frauen und Wisenten.
Geburt und Wiedergeburt statt Sexkult und Phalluskult
In den paläolithischen Höhlen geht es um das A und O des Lebens, um Geburt, die Zeit des Lebens, den Tod und die Wiedergeburt. Sexualität ist in diesen großen Prozessen des Werdens, des Sterbens und der Wandlung in neues Leben ein zwar schöner, aber tatsächlich nur klitzekleiner Moment. Deswegen finden wir in den paläolithischen Höhlen auch keine einzige Darstellung des Sexualaktes. Es geht in der Zeit der paläolithischen Wildbeuterinnen auch nicht um Fruchtbarkeit, wie im Laufe des Neolithikums, und schon gar nicht um männliche Fruchtbarkeit, wie wir sie frühestens ab 7.000 v.u.Z. mit Beginn der auf Wachstum fixierten, privateigentumsbildenden Rinderherdenhaltung finden. Da der Mann zur Entstehung neuen Lebens mit dem Spermienerguss (denn Spermien sind keine Samen) im Liebesakt nur einen winzig kleinen Moment beiträgt und die Wandlung von Tod in neues Leben nicht männlich sondern ausschließlich mütterlich konnotiert wird, finden wir in den paläolithischen Höhlen nicht nur keinen Sexualkult sondern auch keinen Phalluskult. Wie wir gesehen haben, wird der Phallus im Paläolithikum in erigierter Form durchaus abgebildet. Sehr deutlich zu erkennen ist aber, dass der Phallus immer in Verbindung mit Gott MUTTER dargestellt wird. Tatsächlich bleibt dies auch im Neolithikum so, wo die ersten unzweifelhaften Phallussymbole in Tepe Güran im Zagrosgebirge und in Tell-es Sawwan, beide im heutigen Irak, und in der Halafkultur, in Form von Phallusamuletten, zwischen 5.800 und 5.000 v. u. Z, sogar noch immer in Verbindung mit Statuetten der Göttin zu finden sind. (Bott, Gerhard, 2014, S. 14). Der Phallus im Paläolithikum hingegen steht nie isoliert, er wird nie überdimensioniert dargestellt und steht nie in Verbindung mit Gewalt und Vergewaltigung wie so häufig in der gewaltbasierten Missbrauchsunkultur des Patriarchats, welche die natürliche female choice massiv missachtet.
Von einer gravierenden soziohistorischen Unkenntnis getragen ist hingegen die Phallusobsession einiger patriarchaler Archäologen, die verzweifelt im Paläolithikum gewaltbasierten, sexuellen, ityphallischen Patriarchatsphantasien nachjagen. In diesem Zusammenhang stechen die Tübinger Archäologen um Nicholas J. Conard, die sich verantwortlich zeichnen die Funde des UNESCO Weltkulturerbes in der Schwäbischen Alb patriarchal aufbereitet zu interpretieren, besonders negativ hervor. In einem Artikel, der 2006 im Archäologischen Korrespondenzblatt veröffentlicht wurde, versteigen sich die Autoren zu hanebüchenen Phallusinterpretationen und zu der Aussage, dass „die Sexualität ein allgegenwärtiges Thema der damaligen Menschen war“. (Conard Nicholas J; Kieselbach Petra, Archäologisches Korrespondenzblatt, 36, 2006, S. 457 – 472).
Ausführlich beschrieben wird von den Autoren in diesem Zusammenhang ein in 14 Einzelteile zerbrochenes, aus dem Gravettien stammendes „phallusförmiges Werkzeug aus dem Hohle Fels“, das als „Schlaginstrument“ mit „Nutzungsspuren“, die auf eine „schlagende oder reibende Tätigkeit“ hinweisen, interpretiert wird und Teil eines „paläolithischen sexuellen Ritus“ sein soll. Die Autoren nehmen diesbezüglich Bezug auf Veröffentlichungen von R. Feustel aus dem Jahre 1971 über „Sexuologische Reflexionen über jungpaläolithische Objekte“, in denen für das phallusartige aus dem Gravettien stammende paläolithische „Schlaginstrument“ angenommen wird, dass es „völkerkundlichen Quellen zufolge, wie in Indien als Teil eines Deflorationsritus oder wie bei Bantu sprechenden Gruppen Afrikas zur Erweiterung der Scheide“ gedient haben könnte. (ebenda, S. 469). Die Nutzungsspuren auf dem phallusförmigen Steinwerkzeug seien vergleichbar mit etwas kleineren Geröllfunden aus dem Mutterhöhlenheiligtum Isturiz erfahren wir auf Seite 466 desselbigen Artikels. Und prompt lüften sich die gewaltbasierten Phallusphantasien der Tübinger Forscher: Das Mutterhöhlenheiligtum Isturiz-Oxocelhaya ist nicht nur berühmt für seine rot bemalten, pentatonischen Klanghöhlen-Stalagtiten, sondern auch für eine dort gefundene, berühmte, paläolithische Flöte, also für Musik im Mutterhöhlenheiligtum. Und so erweist sich der angebliche Deflorations- und Scheidenerweiterungsphallus als das, was er in Wahrheit ist: ein Schlaginstrument für Musik, denn merke – so möchte frau den phallusbesessenen Archäologen zurufen: Selbst im heutigen Patriarchat ist nicht jeder Trommelschlegel ein Phallus.
Doch damit nicht genug. Die Autoren belassen es nicht bei dieser einen patriarchalen Fehlinterpretation, sondern offenbaren ihr ganz offensichtlich gestörtes, pornographisch verzerrtes Sexualverständnis mit einer weiteren Abbildung im Text, nachgezeichnet nach dem Autor Duhard aus dem Jahre 1996, der den in der griechischen und lateinischen Literatur berühmten Priapos/Priapus mit seinem absurd übergroßen Penis auf eine weibliche Figurine aus dem paläolithischen Laussel übertrug und von Rau et al, einem weiteren Archäologenteam aus dem Archäologischen Landesmuseum Konstanz in dem Buch „Eiszeit, Kunst und Kultur“ (2009, S. 396), erneut aufgenommen wurde.
Interessant ist in diesem Zusammenhang folgende Tatsache:
„Leidet ein Mann unter einer dauerhaften, nicht zurückgehenden Erektion seines Penis, wird dieses Krankheitsbild heute medizinisch Priapismus genannt, benannt nach Priapos“.
Das weiß sogar WIKIPEDIA (Stichwort Priapos). Lassen wir die Bilder sprechen:
Die Abbildung der phallusbesessenen Archäologen, welche angeblich die paläolithische Realität in Laussel wiedergeben soll sieht folgendermaßen aus:
Ein weiterer Kommentar erübrigt sich wohl!
Tatsächlich finden wir in der Archäologischen Realität die Darstellung eines sexuellen Liebesakts erstmals im Neolithikum um 8000 v.u.Z. in Ain Sakhri in Jordanien in der Natufien Kultur. (Bott, Gerhard, 2009, S. 151).
Einen Phalluskult finden wir historisch sogar erst in der Bronzezeit, sehr gut erkennbar bei den Felsritzzeichnungen von Bohüslan in Schweden und zwar in Verbindung mit einem Männlichen Gott, der Darstellung der sogenannten Heiligen Hochzeit, die sich hier noch einmal deutlich als patriarchales Ritual erweist. Historisch zeitgleich werden diese Felsritzzeichnungen mit Gewaltakten durch Speerverletzungen u.a. von zahlreichen Kindern gesehen, die in Massengräbern aus eben dieser Zeit nachgewiesen werden konnten. (Information Museum Bohüslan, Schweden)
Keine Jagdszenen im Paläolithikum
Interessant im Zusammenhang mit männlichen Darstellungen aus dem Paläolithikum und die damit verbundene Interpretation des Mannes als Ernährer der Frauen und Kinder, ist, dass es praktisch keine Höhlenmalereien aus dieser Zeit gibt, die Jagdszenen darstellen, was nochmal deutlich zeigt, dass die Höhlen keine Jagdheiligtümer sind, was ja auch nicht weiter verwunderlich ist, wenn man die Erkenntnis hinzuzieht, dass Mulier-Homo sapiens im Vergleich zu neanderthalensis gar kein großer Jäger war, was bereits von J. H. Reichholf in seinem Buch „Das Rätsel der Menschwerdung“ (2010) aufgeführt wird (zit. in Bott, 2014) und von Gerhard Bott (2014) weiter ausgeführt wird. Bott schreibt:
„Richtig ist, dass unsere Art „homo sapiens“, wie auch seine Vorfahren, sich vorwiegend vegetarisch vom Sammelgut und nicht von der Jagd ernährten. Anders ist dies bei den Neandertalern, die ihre Ernährung stärker der Jagd verdankten, etwa so wie die Esquimos…“ (Bott, Gerhard, 2014, S. 19).
Ein paar Seiten weiter konkretisiert Bott die Aussagen über das geringe Jagdverhalten bei Mulier-Homo sapiens, denen ja die paläolithischen Höhlenmalereien zugeschrieben werden. Er ergänzt bezugnehmend auf weitere Einlassungen Reichholfs:
„(2) Wie Reichholf zuvor immer wieder ausgeführt hatte, waren die Frauen für eine „hinreichende Versorgung“ keineswegs von der Jagdbeute der Männer abhängig: Er bestreitet sogar, dass die Männer der afrikanischen homo sapiens Jäger gewesen seine (s. S: 248 f,234) und anerkennt, dass die Gruppen sich überwiegend vom Sammelgut der Frauen ernährten“. (Bott, Gerhard, 2014, S. 24).
Interessanterweise finden sich großflächige Jagdszenen als Wandmalereien erstmals in der Stadt Catal Höyük in Anatolien in der Türkei (Besiedelung ab 7200 v.u.Z.), also in einer Zeit, wo erstmals die Rinderdomestikation auftrat. Jagdszenen im Paläolithikum sind hingegen extrem selten dargestellt. (Information: Musée Archéologie Nationale (MAN), St.-Germain-en-Laye). Eine Ausnahme könnte der gravierte Stab eines Rentiergeweihs sein, der in der Höhle La Vache in Alliat gefunden wurde und als „Jagd des Auerochsen“ interpretiert wird.
Eine Bestätigung, dass unter der heutigen in Europa vorherrschenden patriarchalen Gott Vater Theologie des Christentums die Religion von Gott MUTTER liegt, zeigen u.a. die Dämonisierungen der paläolithischen Höhlen, der Kathedralen von Gott MUTTER aus der STEINZEIT. Aus der Höhle wurde im Patriarchat die Hölle, aus der Vulva wurde die beschämte Scham, aus den Schamanen der mütterlichen Religion wurde der Teufel und aus der morgens am Horizont aufsteigenden Morgenröte und der abends absteigenden Abendröte wurden die Höllenfeuer.
Es ist Zeit sich aus den Lügen und Verstrickungen des Patriarchats zu befreien und sich mit unseren Matrifokalen Wurzeln wieder zu verbinden!
Zitatquellen
Bott, Gerhard Die Erfindung der Götter; Essays zur Politischen Theologie; 2009
Bott, Gerhard: Die Erfindung der Götter; Essays zur Politischen Theologie, Band 2; 2014
Cohen, Claudine: La femme des origines; 2003
Conard Nicholas J; Kieselbach Petra, Archäologisches Korrespondenzblatt, 36, 2006, S. 457 – 472